Ralph

 

 

Finderlohn

Only you

Fahrrad fahren

ein Meter Mann- Kornblume

Die alte Windmühle

Nadine

 

 

 

 

Finderlohn

 

 

Da liegt sie nun - die Ackermöhre

und glotzt benommen in die Röhre,

weil man sie vergessen hat.

 

Die Sonne brennt.

Kein Lüftchen weht -

so dörrt sie hin im Ackerbeet

und hat ihr tristes Leben satt.

 

Schon will an ihr ein Wurm sich mästen...

Da springt ihr Retter aus Geästen!

Der nimmt sie hoch und knabbert dann

genießerisch den Findling an.

 

Dann lieber doch als Hasenfutter...

Vielleicht ist Möhrchens Welt in Butter.

Zumindest war vom leck´ren Snack

der Hoppelhase hin und weg.

 

(c) Ralph Bruse

 

 

 

 

Only You

Ballade für meinen Vogel

 

 

Ich sing mit meinem Kakadu

nachts an der Laterne

das Platters-Dingens ´Only you´.

Er hat das Lied so gerne.

 

Von Leuten, die uns hören,

bleibt keiner lange stehn.

Wir lassen uns nicht stören -

es muß ja weitergehn.

 

Um zwei kommt die Polente.

Um drei sperr´n sie uns ein.

Um vier gibt´s Peking-Ente

und dazu Pflaumenwein.

 

Wie das denn, wollt Ihr wissen...?

Wir sangen fürchterlich

und weinten in das Kissen,

mein Kakadu und ich.

 Da kam die Polentine

und schloss die Zelle auf.

Sie hieß auch noch Christine

und weinte mit, kurz drauf.

 

Wir sangen unser Liedchen.

Christine wurde froh.

Sie lief mit einem Tütchen

zum China-Imbiss ´Hooh´.

 

Und nach der guten Speise,

nahte der Abschied schon.

Wir gingen auf die Reise -

Christines´ Kuss zum Lohn.

 

Da stand die Polentine

ganz traurig in der Tür.

Sie winkt mit blasser Miene,

bis wir entschwinden ihr.

 

In all den nächsten Nächten

komm ich nicht mehr zur Ruh.

Auch wenn die Leut´ uns ächten -

wir singen ´Only you´.

 

Ich denke an Christine -

sie hört uns hoffentlich.

Wir schäl´n ´ne Mandarine,

der Kakadu und ich.

 

In jener Winternacht, um zwei...

Wir sind schon angefroren -

Polentenstreife fährt vorbei.

Nur Kerle, kurzgeschoren...

 Doch im Font, dahinter,

da schaut die Gute raus...

Vergessen ist der Winter

im bull(ig)enwarmen Haus.

 

Alles gut?

Von wegen...

Der Vogel wurde laut -

Christine riss der Neider

fasst alle Haare aus;

schwirrt ab, durch´s Fenster - leider

ist das zu sehr verbaut.

 

Da sang ich frohen Mutes

von Platters ´Only you´.

Denk: tu ihm mal was Gutes

und schon ist schleunigst Ruh.

 

Das Tier war richtig böse -

es furzte, als ich sang.

Klatscht schließlich mit Getöse

zu Boden, lingelang.

 

Da blieb es stocksteif liegen

und rührte sich nicht mehr.

Ich dachte: mit dem Fliegen

ist´s auch schon länger her.

 

Wir trugen ihn am Ende

bei Nacht und Nebel fort.

Ich nahm Christines´ Hände.

Wir schwiegen lang´ vor Ort.

 

Schon hellte es - wir gingen

geknickt den Weg zurück.

Ich konnte nicht mehr singen

und fern schien all das Glück.

 

In jener kargen Zelle

saß ich dann ganz allein.

Ich weinte auf der Stelle,

trank süssen Flümliwein.

 Ich soff die ganze Flasche.

Da flog das Fenster auf....

Eh ich den Vogel kasche,

sitzt er mir oben drauf....

 

2.

Ich sing mit meinem Kakadu

nachts an der Laterne

das Platters-Dingens ´Only you´....

 

(c) Ralph Bruse

(c) Gif Bild Dreamies.de

 

 

 

 

Fahrrad fahren

 

 

 

Wenn Opa seinen Rucksack schnürt,

dann geht es auf die Piste -

er weiß dann auch, wohin die führt:

nämlich, entlang der Küste.

 

Manchmal darf auch sein Enkel mit.

Ich radel meist voraus.

Weil: Opa ist nicht mehr so fit,

schaut er auch ziemlich drahtig aus.

 

Sein Fahrrad hat drei Gänge.

Und meins so an die zehn.

Seins quietscht und klappert im Gestänge,

drum schiebt er öfter mal im Gehn.

 

> Immer schön langsam, < brummelt er.

Und: > Wir sind nicht auf der Flucht. <

Wo nimmt er bloß die Ruhe her?,

denk ich Eingangs der Ostseebucht.

 

Ein Kilometer - eine Stunde...

So etwa ist sein Trödel-Plan.

Ich schau bedröppelt in die Runde

und winke noch der Bimmelbahn.

 

Die fährt viel flotter als der Opa

auf seinem alten Klapper-Rad.

> Bei Durst, kehr ein in die Mitropa,*

sonst wird das schönste Wandern fad! <

 

...Ruft er laut in den strammen Wind

und schließt den alten Esel ab.

Wozu ein Schloß, dafür? Er spinnt,

denk ich, und grins´ mich heimlich schlapp.

 

Als wir drinnen die Cola schlucken,

fliegt draußen scheppernd was herum.

> Der Wind macht heute ganz schön Mucken, <

meint Opa noch - und schaut sich um.

 

Da draußen fliegt sein treuer Freund

hochauf, herab, wirbelt im Kreise.

Die Sturmboe hat´s nicht gut gemeint -

faucht wild - und wird erst später leise.

 

Opas´ Drahtesel schwimmt weg...

Fliegt erst den Steilhang runter.

Ganz unten dann der nächste Schreck:

Die Brandung tobt so furchtbar munter.

 

Opa brummelt ganz gelassen:

> Das soll denn wohl so sein.

Die andern stehn oben, an Bord

und meins treibt weiter, und so fort. <

 

Ich versteh´ zwar nicht so richtig,

wie er das denn meinte.

Was Opa sagt ist Fakt - und wichtig.

Auch wichtig: keiner weinte.

 

                         *

 

Nur Oma weinte doch ein bisschen

um ihr gutes, altes Rad.

Schon kam Opa an, mit Küsschen

und schritt auch umgehend zur Tat.

 

...Nun muß Oma nicht mehr schwitzen

und kann mit Moped alles ritzen.

 

 

(* schlichte Speise-Gaststätte aus DDR-Zeiten)

 

 

Worte: (c) Ralph Bruse

Gif Bild: (c) Dreamies.de

 

 

 

 

Ein Meter-Mann

(Die Kornblume)

 

Ihr leichtes, rotes Seidenkleid,

raubte mir alle Sinne.

So sprach ich dann zur Abendzeit

mit unhörbarer Stimme:

 

Du träumst recht oft auf dünnem Stiel.

Und: gib nur Acht – dort oben

zieht Regen auf – er wird zuviel

in deinem Hauch von Kleide toben.

 

Schon stürmten dunkle Wolken an,

mit rauschend schwerem Regen.

Riss ihr am zarten Kleide dann

und wollt´ sie gänzlich niederfegen.

 

Da spannte ich die blaue Blüte,

ganz weit über sie hin,

daß sie beschützt sich fand in Güte,

obwohl dann selbst zu schwer ich bin.

 

Beladen von der kühlen Nässe,

die mich fast überrannte,

stand ich erst tapfer – dann in Blässe,

weil sie mich mein Retter! nannte.

                      *

Ein Blatt fiel ihr doch von der Krone.

Nun ja, sie tanzte weiter...ohne.

 

 

© Ralph Bruse

Foto:(c)  Pixabay.de

 

 

 

Die alte Windmühle

 

Was zog uns immer hin, zur Mühle;

was hielt uns lachend spielend, hier:

in grauen Schatten und der Kühle,

wo niemand sonst mehr war - nur wir?

 

Maschinen: Trichter, Karren, Bänder

schwiegen rostend schon seit Jahren.

Der neue Wind schob sie an Ränder,

wo sie doch Brot für alle waren.

 

Vorbei, vorbei. Die alte Mühle

diente bald für immer aus.

Ein Wackeltisch stand noch. Zwei Stühle:

wir liebten unser Rumpelhaus.

 

So manche Nacht blieben wir dort

und gruselten uns bibbernd warm.

Vertraut war dennoch uns der Ort,

als wenn uns etwas wiegt im Arm.

 

Das tiefe Atmen kam auch nicht

allein aus schmalen Kinderkehlen.

Es war zu spüren, wie ein Licht

aus Stimmen, die von einst erzählen...

 

...Als alle langen Mühlenflügel

sich hoch, in hellstem Winde drehten

und weithin jene sanften Hügel

darunter, wie im Rausch umwehten.

*

Nun sind die Flügel meist auch still,

am Morgen, Mittags und zur Nacht.

Doch manchmal...manchmal - so Gott will,

hält jemand dort ergeben Wacht.

 

Die stummen Räder, Flügel, Bänder

flirren dann grell im Sonnenlicht

und hüllen sich in Goldgewänder,

als verstünden sie selber nicht.

 

So kühl und still der Abend kam:

er ließ hier, was die Zeit uns nahm.

 

(c) Ralph Bruse

 

Foto:(c) Michael Treu/ Pixabay.de

 

 

 

 

 

 

Nadine

 

 

Nadine hat sich rausgeputzt.

Noch einmal zieht sie den Lippenstift nach und kräuselt die spröden Lippen. 

Sie prüft den Sitz ihrer tiefausgeschnittenen Bluse, zwickt hier und zwickt da. 

Der enge Rock ist hochgerutscht. Sie zieht ihn glatt. Nadine schnappt nach 

der Fernbedienung. Plötzlich fällt ihr eine andere Wichtigkeit ein. Der Wein. 

Wie konnte sie nur den Wein vergessen?! 

Sie stürmt in die Küche.

Zwei Gläser. Der Wein. Roten oder weißen? Er wird roten vorziehn, überlegt 

sie. Ein zaghaftes Lächeln überzieht ihr glühendes Gesicht.  Ihr Blick huscht 

zur Wanduhr. Zwei Minuten vor sieben. Um sieben kommt er. Er ist immer

pünktlich.

Ihr Herz schlägt schneller. Die hochhackigen Pumps schnüren die Füße ein, 

doch das ist jetzt nicht so wichtig. Ein letzter Blick in den Spiegel, neben der 

Spüle. Sexy. Du siehst verdammt gut aus! Das wird ihm gefallen... Nadine

versucht ein Lachen, aber mehr als dieses eingefrorene Lächeln wird es

nicht.

Die Gläser klirren leicht. Etwas erschrocken löst sie sich von ihrem Spiegel-

bild; hastet ins Wohnzimmer. Sie riecht den Schweiß, der unter ihren Achseln

hervorkriecht. Sie rümpft die Nase. Gütiger, das darf doch nicht wahr sein!

Parfüm. Schnell, das Parfüm! Vanille? Ja, er wird Vanille mögen. Zischsch.

Gleich nochmal, direkt außen auf die Bluse. Zum Umziehen ist jetzt keine Zeit

mehr. 

Sie rennt zurück, Richtung Wohnstube. Eine Minute nach sieben. Verflixt - er 

ist immer noch nicht da! Wertvolle Sekunden rinnen dahin. Schließlich fällt 

der Groschen und das Lächeln zwischen ihren grellgeschminkten Lippen wird 

ein befreites Lachen. Er kann ja nur pünktlich sein, wenn auch sie pünktlich 

ist...

Nadine stürmt den Sessel. Die Fernbedienung liegt bereit - sie ist bereit, der 

Wein - gut gekühlt - also bitten wir ihn herein. Ein leichter Fingerdruck. Der 

Bildschirm flammt auf.

 

Die Erkennungsmelodie ist schon vorbei. Nicht so schlimm. Er ist da - genau

da, in der Mitte ihres Fernsehers. Spock - der mit den spitzen Ohren. Sie

sinkt tiefer in den Sessel und wird die nächste knappe Stunde nur von ihm

träumen....Von einer Galaxie zur nächsten, ein Universum folgt dem ande-

ren...Und sie beide trinken auf den Sieg über all die finsteren Mächte im All.

Käptn Körk ist immer allgegenwärtig, aber auch er kann nicht verhindern, 

daß Spocks' Ohren vor lauter Verliebtheit neongleich glühen.

Im Raumschiff ist es ohnehin sehr warm. In Strömen läuft Nadine der

Schweiß fort. Und Mister Spock sagt in dieser Situation das einzig Richtige:

Sie duften heut' wieder so irre spacig, Madame Nadine!

Madame Nadine...aus seinem Mund klingen die Worte wie rauschende Was-

serfälle.

Sie wird ganz schwach auf den Beinen. Ist es der Wein, oder der Mann, da 

vor ihr? Sicher Beides. Nadine fällt - nein, sie gleitet in seine Arme, und dann 

trägt er sie mühelos und mit ausgestreckten Armen zur Krankenstation, wo 

schon Doktor Pille auf sie wartet. Doktor Pille ist ein guter Mensch, denn er 

spürt das Drama dieser Liebenden - soll heißen: nichts zu tun ist in dieser Situ-

ation das Allerbeste. Also lässt er die Verliebten für eine genügend lange Weile 

allein, damit sie sich ihren überirdischen Gefühlen hingeben können.

Endlich ist er verschwunden.

Auf Spocks' Bitte hin löscht Nadine das Licht im Krankenzimmer. Etwas ver-

wirrt und dennoch umsomehr von positiver Erregung ergriffen, sinkt ihr 

schweißnasses Kleid zu Boden. Sie löst den Knoten ihres Haarzopfes; schwebt 

völlig von Sinnen ihrem Geliebten entgegen. Von diesem wiederum gehen Ge-

räusche aus - merkwürdige Geräusche, die an ein Dutzend in die Ecke gewor-

fener Kastagnetten erinnern.

Sie feuchtet ihre Lippen an. Welch würdevolles Geklapper, denkt sie noch, ehe 

sie sich in den weichen Pelz seiner Brust wühlt.

Spock ist elektrisiert von ihren zartkreisenden Fingerspielen, doch er hat offen-

bar ein kleines Problem. > Würden Sie bitte nochmal das Licht einschalten, Ma-

dame Nadine. Mir ist da etwas abhanden gegangen...< 

> Sicher doch, Mister Spock, < haucht sie mit zittriger Stimme.

Federleicht entschwebt sie zum Schalter, links neben der Türe. Und knipst ihn 

nach unten.

Im gleichen Moment erblassen Mister Spock, und auch Nadine...

Die fallengeglaubten Kastagnetten sind in Wahrheit die aufgesteckten Überoh-

ren, die sich im Zuge körperlicher Erregung von dem Manne lossagten. Noch 

schlimmer: Mister Spock hat weder Segelohren, noch Spitzohren... er hat gar 

keine Ohren mehr. Da wo sie einst waren, klaffen daumengroße Löcher, und aus 

diesen Löchern baumeln phosphorgrüne Gebilde, die aussehen, wie aus der Mo-

de gekommene Ohrringe. Heiliger Bimbam - wie sie beide schrien vor Schreck!

 

Doktor Pille erschien auf der Bildfläche und schrie ebenfalls: > Mister Spock,

wir haben höchste Alarmstufe! Die Enterprise steht unter Beschuss böser Zy-

klonen vom Stern Uranus! <

> Aha, daher also das unerhörte Klingeln meiner Ohren!, < entgegnete der Be-

treffende geistesgegenwärtig. Hätte wissen müssen, daß da was faul ist, im

All...<

Sein hochgradig erhitztes Gesicht nahm den Ernst der Lage an. 

> Alles auf die Kommandobrücke!, < schrie er die wenigen Umstehenden an.

Nadine mußte folgen. Zeit zum Einsammeln von Kleidern und abgefallenen Oh-

ren blieb jetzt keine mehr. 

 

Das Raumschiff wurde von mehreren Detonationen erschüttert und sie hatten

Mühe, sich unbeschadet durch die langen Gänge vorzukämpfen. Völlig außer

Puste gekommen, gelangten sie an den einzig sicheren Platz dieses Luftschiffs:

den Kommandoraum.

Kapitän Kork nahm fehlende Kleider und Horchorgane seiner Mitstreiter zwar

wahr, doch das schien ihm in Anbetracht der brenzligen Situation mehr als pille-

palle.

> Fahren Sie halbe Kraft zurück, Mister Sulu!, < befahl er. 

> Ei ei, Sir. Halbe Kraft zurück! <

> Wir haben starken Energieabfall, Käptn!, < rief Sulu plötzlich.

> Viel Abfall? <

> Ja, Käptn. <

> Wieviel, Mister Sulu? <

> Sehr viel, Käptn. <

> Wieviel???, < schrie der Körk außer sich.

> Die Zyklonen haben unser Energie-Zentrum getroffen. Über die Hälfte aller

Reserven sind hin. Das reicht gerade noch, um uns sicher nach Hause zu bea-

men. <

Kapitän Kork blickte zu Spock herüber. Sein Blick war Hoffen und Bangen zu-

gleich.

> Was denken Sie? <

> Keine Ahnung, Käptn. Wo sind meine...Mist nochmal, wo sind meine ...? <

> Im Krankenraum, Mister Spock, < meinte Doktor Pille, mit einem klitzeklei-

nen, vielsagenden Grinsen im Gesicht.

> Abdreh'n, Mister Sulu!, < befahl Körk schließlich. > Fahren Sie die Enterpri-

se mit kleiner Kraft auf Koordinaten 1151. <

> Zur Erde?, < nölte Sulu kleinlaut.

> Ja ja ja!, < schrie Käptn Kork, daß es wehtat. Und leiser:

> Ab nach Haus'. Wir haun hier in Sack! Drauf gepfiffen! <

 

2.

Es folgte die Schlussmelodie - und Nadine fand sich in ihrem Wohnzimmer wie-

der. 

Sie streckte sich, daß sämtliche Glieder knackten.

> Drauf gepfiffen, < wiederholte sie nachdenklich. > Wahrlich ein merwürdiges

Ende...Wenn das so weitergeht, muß ich den Sender wechseln; eventuell auch

den Arzt. <

Dennoch ging ihr der arg gebeutelte Mister Spock nicht aus dem Sinn. 

Letztendlich befand sie, daß sie einiges sicherlich nur erträumt hatte und daß

sie die nächsten Folgen keinesfalls verpassen durfte. 

Sie räumte Gläser und den kaum getrunkenen Wein weg.

 

Später, als sie unter der Dusche stand, klingelte es an der Tür.

Während sie noch drüber nachdachte, wer ihr wohl um die Zeit - schließlich war

es schon spät am Abend - einen Besuch abstatten will, klingelte es schon wieder.

Auch ein drittes Mal.

> Nadimaus, ich bins... Dein Spocky!, < rief jemand vom Flur her.

Wie oft hatte sie schon den Tag verflucht, als dieser Nichtsnutz von einem Mist-

kerl ihren Weg kreuzte...!

Trotzdem hat der Kerl bei ihr einen Pfundsstein im Brett, denn er gleicht ihrem

Geliebten - dem schier unerreichbaren Mister Spock - fast auf's Haar. 

Pudelnass öffnete sie die Tür einen Spalt breit.

> Überrrraaschung, Nadi!, < krähte er durchs ganze Haus.

Dann zauberte er etwas hinter seinem Rücken hervor. Das Ding in seinen kurzen

Fingern blinkte wie eine ausgerastete Ampel und schoss echte Lichtströme auf

Nadine ab.

> Die Original Enterprise!, < johlte er mit leuchtenden Augen.

Lächerlich wirkte der kleine Kerl, wie er da stand und im eigenen Saft schwitzte.

Alles, absolut alles an dem Typen törnte Nadine mitunter in höchstem Maße ab:

seine dünne, kindliche Stimme, die einem Vogelfiepen glich, das bisschen Kopf-

haar, das die Glatze, darunter, enorm lichtete; das schwabbelige Käsegesicht, der

kurze Leib, die noch kürzeren Beine, und jene Bonsaifüße, die locker in Schuhe

der Größe 37 passten. Ein Zwerg - ein unappetitlicher, dicker Zwerg - an dem

es nichts Interessantes zu entdecken gab. Doch eins: die Ohren. Seine Ohren,

die wie aufgeregte Vögel in der Landschaft umherflirrten, und rein garnicht zu

dem Bild des kleinen Mannes passten. Groß waren diese Ohren - mächtig groß,

spitz zulaufend und wirklich furchteinflößend. Und das Beste daran: die  Ohren

sind sowas von echt, und reissfest!

Da war es wieder - jenes stärker werdende Klopfen in Nadines' Brust.

> Schiffpiffpuffpengschiffpiff....Zur Landung ansetzen!, < kam es von der ande-

ren Seite der Tür. 

Nadine spielte nervös mit ihren Fingern.

> Zischpiffbummtschsch...Landung geglückt...! <

Nadine fixierte das wild herumkurvende Raumschiff mit zunehmender Gewo-

genheit. 

Ihr Arm zuckte vor und zurück. 

> Piffschifftschscht...Laser, volle Kraft! tschscht..! <

Seine Ohren wackelten im Takt rasanter Luftfahrten.

> Jetzt reichts aber!, < kommandierte Nadine. 

Sie packte den kleinen Mann hart an den Ohren. 

> Los, rein mit dir, Spocki! <

Geschichte: (c) Ralph Bruse

 

Foto: (c) Gerhard Janson/ Pixabay.de