Christine

 

 

verkanntes Genie

Das Glas

Auf dem Mond

Weniger ist mehr

Mein Schneckenhaus

Mozartkugeln

 

 

 

 

Verkanntes Genie.

 

Mir träumte, dass papierene Bällchen in sanften Wogen

mit gedichteten Worten vom Himmel flogen.

Der geflügelte Inhalt auf dem Papier

war natürlich von mir.

Doch kein Finder hob sie auf,

machte sich einen Reim daraus.

Ja, denkt die Traumdeuterin, die ich selber bin,

deine Reimerei macht sicher keinen Sinn,

sie wird keinen interessieren,

wirst du sie nicht publizieren.

"Eine Öffentlichkeit kann ich mir nicht leisten,

man würd` mich vernichten wie die meisten,

die nicht im Pen-Club registriert

und von Lektoren integriert."

„Und der Grund deiner Dichterirrung?

Was willst du eigentlich mit der Verwirrung,

die weder Wünsche erfüllt

noch deine „des Lobes-voll-Sehnsucht“ stillt?“

Das ist es ja, dass ich keinen habe,

der meine Gabe, sei sie noch so gelind,

mir ist ein bisschen gleichgesinnt.

Eine kleine Runde mit Schreibern, die ihre Gedichte vorlesen,

nur zur Freude, fern vom Verlagswesen.

Gut, es wäre schön, wenn meine Familie, von Neugierde getrieben,

fragen würde: „Hast du wieder ein Gedicht geschrieben?“

Doch leider ist keiner von den Lieben lyrisch interessiert,

das macht mein Wunschdenken so kompliziert.

Ab und zu kann ich mich in ein Thema zwängen,

und dazu etwas von mir aufdrängen.

Die Resonanz hinterher kommt nicht auf die Beine,

ganz einfach, es gibt nämlich keine.

Christinchen träum` weiter von der Illusion,

von dem Applaus und der Standing Ovation.

Ganz ehrlich?

Wenn ich auch nicht aale im Dichterbade,

meine Geister suchen Reime weiter,

mal düstere, mal welche heiter….

und das ist mental nicht schade.

 

 

© Christine Biermann

 

(c) Pixabay.de

 

 

 

Das Glas.

 

 

Das Glas ist nicht mehr halb voll, man sieht schon 

den Grund,

wir sind betagt, gottlob noch gesund,

so gesund, dass wir das Leben genießen vital,

noch motiviert, eigenständig und sozial.

Unsere Kinder halten uns am Bewegen,

sie mischen uns auf, sie laden uns ein,

„For ever young“ ist ihr Bestreben

Gott, lass es noch nicht anders sein.

Die Zeit verrinnt wie der Sand in der Uhr.

Wir bewegen den Geist,

sind dennoch nur

wie das welke Laub in der Natur.

„Lauf der Zeit“, wie es schön heißt.

Wir kämpfen dagegen,

wir rätseln und lösen und hören Kultur.

Wir spielen Schach, damit sich die müden Hirnzellen regen.

Anscheinend reime ich von morgens bis abends nur.

Und ist das Glas fast leer?

Man lässt es so stehen, zögert hinaus den Rest

und trinkt es erst, bis es sich nicht mehr vermeiden lässt.

Denn, fragt man nicht mehr nach dem Lebenssinn,

trinkt man es aus, bis nichts mehr drin.

 

 

(c) Christine Biermann

(c)Pixabay.de

 

 

 

Auf dem Mond.

 

 

Wie all die Jahre schon,

vermeide ich beim Geldauszahlen die Automation,

indem ich die Scheine an der Kasse,

von einer Dame auszahlen lasse.

Man will bald unbar Geld verwalten,

den Blick darauf ganz ausschalten.

Sparstrümpfe sollen wie Motten ans Licht,

nun, so weit sind wir noch nicht.

Der Leiter der Bankfiliale,

will mit mir ins Digitale.

Es wird ihm nicht so leicht gelingen,

mich online dazu zu zwingen,

digital alles zu ordern,

um meine Rente auf`s Netz zu fordern.

Der Mann beteuert,

dass es sich für mein Alter lohnt,

zugleich wünscht er mich „Greisin“ auf den Mond.

Dem Onlinebanking nochmal entkommen,

stelle ich fest ganz benommen,

dass man von mir auch erwarte,

dass ich bezahle nur noch mit Karte.

Auch das widerstrebt meiner Gewohnheit,

nämlich der Sicherheit,

Scheine im Portemonnaie zu haben,

um nicht am Hungertuch zu nagen.

Zu leicht blendet mich eine Karte,

von der ich erwarte,

einen Rest vom Konto zu bemühen,

und möglich nicht zu überziehen.

Nun gut, der Fortschritt holt mich ein,

ich werde demnächst „digitalisch“ sein.

Vor dem Automaten machte ich immer einen Bogen;

ich habe noch nie Geld gezogen.

Doch bin ich jetzt geschockt verdrossen:

Ab Mai sind alle Kassen geschlossen.

 

 

©  Christine Biermann

(c) Pixabay.de

 

 

 

 

Weniger ist mehr.

 

 

Für einen, der pausenlos telefoniert,

wird das Reden zum Ego - Wahn,

nämlich, wenn er es anwendet ungeniert...

auf der Straße, in der Kirche, am Zebrastreifen, in der Bahn.

Wenn er vom Phon-Kontakt so fasziniert,

dass er`s nicht mehr lassen kann,

sich präsentieren muss in der Menge,

wird`s schlimm für den Nebenmann,

der kritisiert die Quassellänge.

 

Es gibt auch welche, die nicht so digitalisiert,

lieber gedanklich für sich kommunizieren,

und an Freundschaften sind interessiert,

sich nicht an Inhaltslosem ausprobieren.

So eine Nummer "muss man nicht,

aber man kann"

sie anrufen....

irgendwann.

 

 

Worte & Foto: (c) Christine Biermann

 

 

 

Mein Schneckenhaus.

 

 

Seit dem Corona-Jahr erhitzen sich die Gemüter,

denn es gibt Zweifler, Demonstranten,

Gehorsame und Gesetzeshüter.

Die Menschen leiden, kämpfen, streiten, drohen, schimpfen,

ob es um den Lockdown geht, die Masken, das Testen oder das Impfen.

Die Spaltung unter Freunden wird schon kritisch,

das Verhalten in der Gemeinschaft ist kosmopolitisch.

Kann man sich für etwas nicht gleich entschließen,

fangen Gegner an verbal zu schießen.

Willst du nicht ihrer Meinung sein,

kriegen sie dich dumm und klein.

Und bei Erklärungsnot, sobald Ausgrenzung droht.

Diskussionen auf Messers Schneide, ich mit Sanftmut vermeide,

indem ich versuche auszugleichen

und die Kontrahenten zu erreichen.

Genervt von den ewigen Widersprüchen, den Diskussionen, 

den Wutausbrüchen ziehe ich mich zurück wie eine Schnecke...

In mein Häuschen, das mich schützt in der Ecke.

Dort, mit mir selbst im Reinen,

bin ich bei mir, muss da sein für keinen.

Irgendwann komme ich raus, breite weit meine Arme,

wenn ich der Welt wieder gut bin, herzlich und warme.

 

 

(c) Christine Biermann

          (c) Pixabayx.de

 

Mozartkugeln.   

 

 

„Brösel kleben an deinem Mund

du sollst nicht so viel Kuchen essen

Zucker ist so ungesund

hast du das schon vergessen?“

 

Verführt von den Teufelchen, den bösen,

von den Glucosen, die bis in die Adern dringen,

möchte ich mich von der Sucht erlösen,

dem Blut cleane Werte bringen!

 

Nur, ich versteh die Welt nicht mehr,

nie mehr zum Konditor gehen dürfen oder in die Confiserie

wo`s gibt die Mozartkugeln in Zellophan,

die Pralinen, die zublinzeln mit Koketterie,

die Kügelchen, Riegel, Sterne und Torten aus Marzipan???

 

Darf ich alles nicht mehr von diesen Konfekten, 

die in Zucker getränkten Sachen,

die süßen Schädlinge, die direkten?

Muss ich alles lassen?

Nur vier Gramm Zucker dürften`s sein,

die produziert allein mein süßes Wesen,

das war ein Witz, der darf mal rein.

 

Gut, all den süßen Überflüssen,

die die heutige Zeit kreiert,

den klebrigen schokoladenen Übergüssen

sei Kritik angesagt, das Unmaß an Zucker korrigiert.

Bleibt noch die Euphorie für Schokolade,

die überkommt so hin - und wieder.

Die verbotene Lust liegt ganz hinten in der Lade,

greif sie dir, gier sie auf, 

danach: 2o Liegestützen auf und nieder.

 

Ganz ehrlich?

Man muss mitnichten auf alles Süße gleich verzichten.

In der Mäßigkeit liegt die Moral, sündigen kann man

dann schon mal. 

 

 

© Christine Biermann

 

 

(c) Pixabay.de