Das Dichtermännchen

Brief von Sieglinde

Der Ohrwurm

Galerie der Seele

Du musst mir eine Locke schenken

Dreck am Stecken

 

 

Das Dichtermännchen

 

Nun hat mich schon wieder in der Nacht

das kleine Männchen wach gemacht.

Es sitzt ganz nah an meinem Ohr

und flüstert ständig mir was vor.

 

Nur Verse, Reime, Dichtung

stets wechseln Sinn und Richtung,

und leider gibt es keinen Grund,

dass es mal hielte seinen Mund.

 

Es nervt mich unaufhaltsam.

Das ist schon fast gewaltsam.

Ich möchte gar nichts wissen,

wühl' mich in meine Kissen.

 

Es tippt mir auf die Stirn,

soll öffnen ihm mein Hirn.

Und dieser freche Dichter

benutzt mein Ohr als Trichter.

 

Ach, Stunde nun um Stunde

machten Reime ihre Runde.

Dann gab die Müdigkeit mir Ruh'.

Ich machte Ohr'n und Augen zu.

 

Als heute morgen ich erwachte

und die Gedichte überdachte,

die mir das Männchen hat verklickert,

da waren sie ganz tief versickert.

 

Es sind verkleidet wohl als Milben,

all diese vielen schönen Silben.

In der Matratze nun verborgen

da machen sie mir große Sorgen.

 

Ob auch in der nächsten Nacht

das Männchen wieder Terror macht?

Wird es mit diesen vielen wilden

Silben wieder Werke bilden?

 

Es ist das Schlimmste an der Sache,

dass ich mir nun Gedanken mache,

weil kein Gedicht entstehen kann,

da ich mir gar nichts merken kann.

 

Text:(c) Greta Hennen

 

Dankeschön für das schöne Bild dazu

gemalt von:  © Heike Diehl    

 

 

Brief von Sieglinde

 

Mein lieber Freund,

 

wie soll ich Dir denn überhaupt noch vertrauen?

Du hast mich zu oft in die Pfanne gehauen

Ich gebe es zu, auch ich war oft roh

Du warst darüber wohl auch nicht sehr froh

 

Die Trennung, finde ich, ist trotzdem verfrüht

Bin ich auch für Dich oft zu abgebrüht.

Du drohtest, Du gibst mich den Schweinen zum Fraß

Ja meinst Du denn ernsthaft, das machte mir Spaß?

 

Nie hast Du mir in die Augen geschaut.

Sie gefielen Dir nicht, wie auch meine Haut.

Du hast sie gemieden, so oft es nur ging

Ach, dabei war ich so ein niedliches Ding.

 

Und bist Du mir doch auf die Pelle gerückt,

und hast mich dabei auch noch kräftig gedrückt,

dann wurde mein Herz so weich wie Püree

Gibst Du mich nun auf, tut mir das sehr weh.

 

Ich habe schon immer darunter gelitten

wenn ich auf Dich traf, hast du mich geschnitten

Nie mochtest Du mich ganz so wie ich war

Du wolltest mich formen, das war mir bald klar,

 

und glaubtest so oft, Du bekämst mich gebacken.

So gib es doch zu, das bricht Dir keinen Zacken:

Im Grunde liebst Du mich immer noch heiß.

Bei Dir bliebe ich gerne um jeden Preis.

 

Ich mag Dich so sehr! Warum lässt Du mich fallen?

Das fragt dich die heißeste Kartoffel von allen.

 

Deine Sieglinde

 

© Greta Hennen

Bild: (c) HeiDi)

 

 

Der Ohrwurm

 

Ich hatte kürzlich, stellt euch vor,

Besuch von einem Wurm im Ohr.

Er sang mir eine Melodie

Ich glaube, die vergess' ich nie.

 

Meint noch, dass er ein Ohrwurm sei

und fährt gleich fort dumdideldei

Man schlägt mir eine Wurmkur vor

Wirkt so etwas denn auch im Ohr?

 

Einst liebte ich doch dieses Stück

hab es gesungen, vor, zurück.

Dass dieser Ohrwurm Mann oh Mann

mich jetzt im Ohr so wurmen kann.

 

Ich denke nach und singe nun

ein and'res Lied, dann wird er ruh'n

Kurz hört er auf, der Wurm im Ohr

stimmt dann mit ein, sogar im Chor.

 

Nun werde ich zum Angeln gehen

und hoffe, dass die Fische sehen

den Köder und ich bin ihn los.

Dann singe ich und freu' mich bloß

 

© Greta Hennen

(c) Charly Guthmann/ Pixabay.de

 

 

 

Galerie der Seele

 

 

Bilder sind es, nicht an Wänden,

steh'n auf keiner Staffelei.

Man entdeckt sie nicht in Bänden.

Die Vernissage beginnt stets neu.

 

Aquarelle nicht mit Wasser,

Tränenfarben sind vermischt.

Finst're Töne werden blasser,

immer wieder aufgefrischt.

 

Ach, du willst sie nicht betrachten,

doch sie drängen sich Dir auf.

Stiche gilt es zu verachten,

Schichten quellen sich zu Hauff.

 

Gar kein Fleck lässt sich vernichten,

Spachteln dient hier keinem Zweck.

Auf's Radieren kannst verzichten,

So bekommst du gar nichts weg.

 

Schließt die Galerie der Seele

bald der Bilderschau Verlauf?

Nein, auf ewig bleibt's Gequäle,

taucht Verdrängtes wieder auf.

 

© Greta Hennen

 

(c) Pixabay.de

 

 

„Du musst mir eine Locke schenken!

 

„Du musst mir eine Locke schenken!

bat sie ihn, als sie sich trafen.

Dann kann ich immer an dich denken .

Ich will mit deiner Locke schlafen.“

 

Er war nicht schön und ohne Flocken

Doch waren sie es, die gefielen,

nur seine blondgelockten Locken.

Sie würde gerne damit spielen.

 

„Du musst mir eine Locke schenken,

Ich kann doch ohne nicht mehr leben!“

Sie konnte nichts mehr andres denken.

Und er? Er fand das voll daneben

 

Nach einer Nacht mit ihm soeben

liegt sie verlassen nun im Bett

und sieht die Locken noch daneben.

Ja wie, Perücke? Oh wie nett!

 

© Greta Hennen

(c) Pixabay.de

 

 

Dreck am Stecken

 

 

Gar niemand sieht den Dreck am Stecken,

an weißer Weste dunkle Flecken.

und faustdick blitzt es hinter Ohren.

Längst jeden Anstand schon verloren.

 

Oft leis' die Stimme, etwas schmierig

und Blickkontakte, eher schwierig

Man lässt sich nicht in Bücher schauen

Oh hüte dich, je zu vertrauen

 

Ein Händedruck so lasch und feucht

Begrüßung im Vorübergehen

und Worte schmeicheln, doch mich deucht,

die Menschlichkeit wär ein Versehen

 

Stets grenzenlos gerafft, geneppt

Schmarotzerkreis ist riesengroß

Für den Erfolg ist's das Rezept

Doch echte Freunde sind sie los

 

© Greta Hennen